Showdown nach Mitgliederbefragung

von DS

Hochspannung bei der Abstimmung der SPD im Wahlkreis 80 (Quelle: IParl)

Die SPD im Bundestagswahlkreis Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf ist guter Dinge, das Mandat am 24. September 2017 direkt zu gewinnen. Seit 1998 erhielt sie fast immer die meisten Erststimmen. Nur 2013 siegte der CDU-Kandidat mit knappem Vorsprung von circa 5 Prozentpunkten. Spannend wurde es auch diesmal bereits bei der Kandidatenaufstellung: Wie schon vor vier Jahren wurde die Parteibasis befragt, wer ihr Bundestagskandidat werden sollte. Entgegen der Redeweise vom ‚Hinterzimmergeklüngel‘ waren Transparenz und Beteiligung das Motto.

Die guten Aussichten, den Wahlkreis direkt zu gewinnen, erklärt das Gerangel der Bewerber im Vorfeld: Ende des letzten Jahres warfen gleich fünf Mitglieder ihren Hut in den Ring. Zu zwei Vertretern des Berliner Abgeordnetenhauses (Daniel Buchholz und Ülker Radziwill), einem ehemaligen Juso-Landesvorsitzenden (Fabian Schmitz-Grethlein) und einem langjährigen Bezirksstadtrat (Marc Schulte) stieß kurz vor Ende der parteiinternen Bewerbungsfrist auch noch Ex-Kulturstaatssekretär Tim Renner.

Der Mitgliederabstimmung gingen Veranstaltungen bei einzelnen Untergliederungen sowie zwei zentrale Vorstellungsrunden voraus, die das IParl wissenschaftlich begleitete. Anschließend konnten alle Parteimitglieder per Briefwahl oder in der Kreisgeschäftsstelle ihr Votum abgeben. Prognosen waren schwierig. Ein erfahrener Genosse beurteilte diesen parteiinternen Vorwahlkampf als „völlig offen“, auch, weil die tatsächliche Beteiligung vieler inaktiver Parteimitglieder nicht kalkulierbar war. Er sollte Recht behalten.

Das notwendige Quorum, also die Mindestbeteiligung für eine gültige Abstimmung (20 Prozent), wurde deutlich überschritten: 36 Prozent der Mitglieder nahmen ihr Wahlrecht wahr. Keiner der fünf Bewerber erreichte jedoch 30 Prozent der Stimmen, geschweige denn die absolute Mehrheit, um als alleiniger Kandidat in die Delegiertenversammlung zu gehen. Damit oblag nun den Delegierten die Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten Tim Renner (29 Prozent) und Ülker Radziwill (28 Prozent).

Zum Showdown kam es auf der Wahlkreiskonferenz am 17. März 2017 im Charlottenburger Rathaus. Im Anschluss an die Bewerberreden kamen etliche Fürsprecher zu Wort. Als Vorzüge wurden zum Beispiel die Medienkompetenz von Tim Renner sowie die Wahlkreisvernetzung und langjährige Basisanbindung von Ülker Radziwill betont. Die Fürsprachen verteilten sich gleichmäßig auf beide. Auch das Applausbarometer ließ keine Präferenz erkennen. Nach emotionalen Schlussstatements der Kandidaten lag die Entscheidung bei den Delegierten. Tim Renner setzte sich mit 62 Prozent der Stimmen durch und tritt damit zur Bundestagswahl 2017 als Wahlkreisbewerber seiner Partei an. Cum grano salis galt hier: Medienwirksamkeit schlägt Basisanbindung.

Text: Danny Schindler

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