Ersetzen Gerichte die Opposition in der Covid19-Krise?

von OK

Deutschlands Gerichte sind aufgrund zahlreicher Verfahren gegen Corona-Verordnungen im Stress. Allein bis zum 24. April 2020 sind nach IParl-Recherche über 300 Rechtsverfahren bei den Oberverwaltungsgerichten (OVG) bzw. Verwaltungsgerichtshöfe (VGH) der Länder eröffnet worden, die sich gegen die Beschränkungen der Landesverordnungen zum Infektionsschutz vor der Lungenkrankheit Covid-19 oder darauf basierende behördliche Maßnahmen richten. Hinzu kommen knapp 20 Verfahren am Bundesverfassungsgericht. Mit Abstand die meisten Klagen gingen im VGH Bayern ein, gefolgt vom OVG Baden-Württemberg und Sachsen. Da viele Anträge im Eilverfahren zu entscheiden sind, liegen trotz des zuletzt eingeschränkten Dienstbetriebes der Gerichte insgesamt über 100 Verfahrensurteile vor. Doch nur wenige gaben dem Kläger Recht. Nach IParl-Recherche waren nur sieben der OVG/VGH-Urteile für den Antragsteller erfolgreich:

  • in Hessen wurde die Versammlung zum Thema „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen!“ unter Auflagen erlaubt (Link)
  • das OVG Berlin-Brandenburg erlaubte in zwei Fällen Einreise in den Landkreis Ostprignitz-Ruppin zur Nutzung von Zweitwohnungen (Link)
  • in München wurde die Versammlung zum Thema "Versammlungsfreiheit auch während der Corona-Krise schützen" unter Auflagen erlaubt (Link)
  • das Verbot von Tagesausflügen auf die Ostsee-Inseln, an die Küste und an die Seenplatte wurde in zwei Urteilen des OVG Mecklenburg-Vorpommern außer Vollzug gesetzt (Link)
  • ein Outlet-Center in Neumünster darf nach Urteil des OVG Schleswig-Holstein wieder öffnen (Link).

Am Bundesverfassungsgericht waren zwei Kläger im Zusammenhang mit Versammlungsverboten, die von den Städten Stuttgart (Link) und Gießen (Link) erlassen wurden, (teilweise) erfolgreich.

Auch wenn die Gerichte in Zeiten des Corona-Virus nicht die parlamentarische Opposition ersetzen können, so stellen sie doch eine aktive Kontrollinstanz in der gewaltenteiligen parlamentarischen Demokratie der Bundesrepublik dar.

von Anastasia Pyschny und Danny Schindler

Justitia am Justizpalast München                                          Bildquelle: commons@wikimedia

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