Die (Vor-)Auswahl der Bundestagpräsidenten

von Oliver Kannenberg

DOI: 10.36206/BP2025.03


Im Deutschen Bundestag genießt das Amt des Präsidenten ein besonders hohes
Ansehen. Anders als beispielswiese der Speaker im US-Repräsentantenhaus ist der
Parlamentsvorsitz im Bundestag kein asset of the majority, also kein parteipolitisches
Spitzenamt, das der Mehrheit zugutekommt. Viel mehr wird stets die herausgehobene
Wichtigkeit der Neutralität des Amtes betont. Daraus entwächst ein einzigartiges Anforderungsprofil, das potenziell Interessierte zugleich anlocken aber auch abschrecken
könnte. Zugleich erhöht dies die Verantwortung für das Gremium, das nach sich ändernden Kriterien, eine nicht rechtliche, aber sehr wohl faktische Vorauswahl trifft.

Das Wichtigste in Kürze:

Bislang bekleideten elf Männer und vier Frauen das zweithöchste Amt in der Bundesrepublik. Seit 1949 nominierte die CDU elf, die SPD drei und die CSU einen Kandidaten für den Parlamentsvorsitz. Ein Blick auf die Auswahl der Bundestagspräsidenten und -präsidentinnen und die ihr zugrundeliegenden Kriterien fördert die folgenden Ergebnisse zu Tage:

  1. Bei den Wahlen im Plenum verzichten die oppositionsführenden Fraktionen bislang
    darauf einen Gegenkandidaten aufzustellen. Die letzten „Kampfkandidaturen“ gab es 1954, wobei dort vor allem Opponenten aus der gleichen Fraktion des späteren Bundestagspräsidenten vorgeschlagen wurden.
  2. Die entscheidende Vorauswahl fi ndet innerhalb der nominierungsberechtigten Fraktion statt. Das innerfraktionelle Vorschlagsrecht lag lange Zeit beim Fraktionsvorstand, wurde zuletzt jedoch verstärkt von den Fraktionsvorsitzenden beansprucht.
  3. Trotz des vorprägenden Charakters und den (bislang) stabilen Mehrheitsverhältnissen müssen die Kandidaten über die eigenen Fraktionsgrenzen hinaus um Unterstützung für ihre Person werben.
  4. Bei den Auswahlmerkmalen liegt früher wie heute ein besonderes Augenmerk auf
    dem Ausgleich zwischen unterschiedlichen Kriterien (insb. Geschlecht und regionale
    Herkunft). Jede Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten ist zudem stets in der Kombination mit anderen zu besetzenden Positionen zu betrachten.
  5. Es kann festgehalten werden, dass vor allem die Erfahrung im Bundestag eine notwendige Vorbedingung für das Spitzenamt ist.
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