IParl-Projekt „Zweite Kammern in demokratischen Regierungssystemen”
Ungefähr 40 Prozent der Parlamente weltweit sind bikameral. Zweite Kammern finden sich auf jedem Kontinent, in parlamentarischen wie präsidentiellen Regierungssystemen, in föderalen und unitarischen Staaten, in Demokratien und Autokratien: Beispiele sind das britische House of Lords, der französische Senat, der deutsche Bundesrat, die Senate in Lateinamerika und in den USA. Die Frage, was diese Zweiten Kammern für die Systeme, deren Bestandteil sie sind, leisten, wird mitunter debattiert, manchmal wird auch ihre Existenz in Frage gestellt. Trotz der Bedeutung dieser Debatten stehen Zweite Kammern bisher selten im Zentrum von politikwissenschaftlicher Forschung. Das IParl will mit einem Forschungsprojekt über Repräsentation in europäischen Zweiten Kammern zu dieser Diskussion beitragen.
Das Projekt soll ermitteln, wie Zweite Kammern Repräsentation hinsichtlich von vier Aspekten leisten: (1) wer sind ihre Mitglieder und wie fassen sie ihre Repräsentationsaufgaben auf, (2) wie wird Repräsentation in Reden zum Ausdruck gebracht, (3) wie wird sie im Policy-Making verwirklicht und (4) wie nehmen die Repräsentierten ihre Beziehung zu den Mitgliedern von Zweiten Kammern wahr.
Das Projekt ist derzeit in seiner ersten Phase. Es werden Daten von europäischen Zweiten Kammern und ihren Mitgliedern gesammelt, beispielsweise über sozio-demographische Angaben, Karrierewege und Selbstwahrnehmungen. Hierfür wurde ein Fragebogen erstellt, der den Mitgliedern von Zweiten Kammern in Deutschland, Frankreich, Irland, Polen und Spanien zugesandt wird. Später wird eine Bevölkerungsbefragung folgen.
Für weitere Fragen oder Hinweise wenden Sie sich bitte an Dr. C. Bloquet und/oder Dr. F. Carstensen.
Die folgenden Beiträge wurden bisher im Rahmen dieses Projekts veröffentlicht. Der Forschungsplan wird in dem Text für das Föderalismus-Jahrbuch 2022 erläutert.
Carstensen, Franziska: Zweite Kammern in Europa: Wen oder was sollen sie repräsentieren?, IParl-Blickpunkt 6, Berlin 2021. (Link)
Die folgenden Beiträge wurden bisher im Rahmen dieses Projekts veröffentlicht. Der Forschungsplan wird in dem Text für das Föderalismus-Jahrbuch 2022 erläutert.
Schüttemeyer, Suzanne S. / Sturm, Roland: Was leisten Zweite Kammern für die repräsentative Demokratie?, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung (Hrsg.): Jahrbuch des Föderalismus 2022, Baden-Baden 2022. (Link)
Carstensen, Franziska: Zweite Kammern in Europa: Wen oder was sollen sie repräsentieren?, IParl-Blickpunkt 6, Berlin 2021. (Link)
Zweiteilige Parlamentsstrukturen existieren ungefähr in der Hälfte aller europäischen Staaten. Obwohl Entscheidungen von Zweiten Kammern erhebliche Auswirkungen auf den politischen Prozess haben können, stehen sie nicht häufig im Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Insbesondere ist wenig bekannt über die Frage, wie Repräsentation in Zweiten Kammern
durch rechtliche Vorgaben vorstrukturiert wird. Dieser Lücke nimmt sich dieser Blickpunkt für den europäischen Raum an und fragt, wie Repräsentation in Zweiten Kammern verfassungsrechtlich normiert ist, welche Bestellungsmodi existieren, aber auch, welche Mindestaltervorgaben, Mandatsdauern, personellen Größen und Teilerneuerungsmöglichkeiten durch (in)direkte Wahlen vorgesehen sind. Zusätzlich interessiert, ob europäische Zweite Kammern mit auf bestimmte Bevölkerungsgruppen spezialisierter Repräsentation ausgestattet werden, um Repräsentationsdefizite der Ersten Kammern zu mildern. Zusammenfassend lässt sich ein erstes Bild europäischer Zweiter Kammern zeichnen, das nicht allen Erwartungen aus der Forschung entspricht.