Vortrag im Kieler Landtag zum "Nadelöhr der Demokratie"

Am 17. April 2018 fanden sich rund 70 Zuhörer im Plenarsaal des schleswig-holsteinischen Landtags ein, um zu erfahren, wer durch das „Nadelöhr der Demokratie“ gelangt, d.h. die Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl erfolgreich durchläuft. Die Stiftung Wissenschaft und Demokratie hatte in Kooperation mit dem Landesbeauftragten für politische Bildung Schleswig-Holstein zu dieser Veranstaltung in der Reihe „Die Zukunft der Parteiendemokratie“ eingeladen.

Dr. Benjamin Höhne und Daniel Hellmann vom Institut für Parlamentarismusforschung stellten aktuelle Ergebnisse aus dem laufenden Forschungsprojekt zur Bundestags-Kandidatenaufstellung 2017 vor. Das Grußwort hielt Christian Kniese, Referent des Landesbeauftragten für politische Bildung. Er stellte heraus, wie wichtig die Wahlbewerbernominierungen für eine funktionierende Parteiendemokratie seien.

„Wo Schatten ist, ist auch Licht“, so Höhnes Eingangsstatement zum aktuellen Zustand der Parteien. Sicherlich müsse man über die Herausforderungen der Parteien wie der Überalterung oder Männerdominanz sprechen. Aber nicht Alles laufe schlecht.

An Beispielen wie der Kandidatenaufstellung der CDU im Wahlkreis Cloppenburg-Vechta oder der SPD in Bitburg-Prüm, machte er deutlich, dass innerparteiliche Demokratie in vielfältiger Form praktiziert wird. Um im Bild zu bleiben: Das Nadelöhr findet vielerorts rege Aufmerksamkeit und Einhegung seitens engagierter Parteimitglieder.

Doch wer kommt hindurch? Gute Chancen, nominiert zu werden, hat derjenige, der beruflich mit Politik befasst ist, aber auch derjenige, der sich intensiv ehrenamtlich in seiner Partei einbringt. Dagegen seien soziodemographische Eigenschaften wie zum Beispiel Bildung eher nachrangig. Die meisten Bewerber können zwar einen Hochschulabschluss vorweisen. Aber eine niedrigere Bildungsstufe stelle kein Hindernis dar, so Daniel Hellmann mit Blick auf empirische Forschungsergebnisse.

Höhne verwies darauf, dass die Aufstellung der Bundestagskandidaten international verglichen ein sozial offener Prozess sei. Im Prinzip habe jedes Parteimitglied die Chance, irgendwann einmal Verantwortung im Parlament zu übernehmen. Wichtigste Voraussetzung sei ein jahrelanges Engagement in und für eine Partei.

Angesichts des dramatischen Mitgliederrückgangs täten die Parteien jedoch gut daran, sich zu öffnen. Warum sollte man nicht damit experimentieren, auch Nicht-Mitgliedern Mitbestimmungsmöglichkeiten einzuräumen? Sowohl die Suche nach zeitgemäßen Formen der Partizipation als auch nach Kandidaten, die die „Sprache der Menschen“ sprechen, müsse intensiviert werden, so Höhnes Empfehlung.

Astrid Kuhn von der Stiftung Wissenschaft und Demokratie leitete die anschließende Diskussion. Eine Kontroverse betraf die Frage, wie stark sich die Parteien öffnen sollten und welche Folgen dies hätte. Geäußert wurde die Sorge, dass die soziale Durchlässigkeit zurückgehen könnte. Statt der Ochsentour, also dem langjährigen Parteiengagement, könnten dann andere Faktoren, wie zum Beispiel finanzielle Ressourcen ausschlaggebend sein.

Neben der innerparteilichen Öffnung wurde über Wahlrechtsreformen hin zu mehr Partizipation diskutiert. Durch partizipative Elemente im Wahlsystem, wie Panaschieren und Kumulieren, könnten die Bürgern mehr Einfluss ausüben, wer Abgeordneter wird.

Die Diskussion zeigte: Es gibt gute Gründe, die Öffnung der Parteien voranzutreiben und mehr Partizipation zu wagen. Gerade die föderale Untergliederung der Parteien biete sich als „Experimentierfeld“ an, so Höhne abschließend.

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